Bohrwiderstandsmessungen – Verfahren und Ergebnisse anhand von Beispielen
Für die Begutachtung von Bauteilen sind vorzugsweise nicht oder wenig zerstörend auf die Bausubstanz
einwirkende Untersuchungsmethoden anzuwenden. So werden z.B. Feuchtigkeitsmessungen auf der Baustelle standardmäßig mittels kapazitivem, Widerstands- oder Mikrowellenmessverfahren durchgeführt. Ein zerstörender Eingriff findet hier, im Gegensatz zum Carbid- und Darrverfahren, nicht statt. Nachteile der nicht zerstörend wirkenden Messverfahren sind nur die indirekte Aussage über den Feuchtegehalt sowie die Messung beeinflussende Störfaktoren. Bei Holzbauteilen stellt sich häufig die Frage nach einer Beeinträchtigung der Festigkeit bzw. Tragfähigkeit aufgrund eines Befalls durch holzzerstörende Pilze und Insekten. Insbesondere bei nicht oder kaum einsehbaren oder schwer zugänglichen Bereichen bietet die Untersuchung mittels Bohrwiderstandsmessung eine gering in die Bausubstanz eingreifende Messmethode mit vergleichsweise hohem Informationsgehalt. Wie für alle Prüfungen stellt das Messergebnis nur eine Stichprobe dar und ist nur für die untersuchte Stelle aussagekräftig.
Das Verfahren
Bei dem, durch den Autor verwendeten Gerätetyp wird eine Bohrnadel eingetrieben, die am Schaft
einen Durchmesser von etwa 1,5 mm hat und an der Spitze eine Breite von etwa 3,0 mm besitzt. Die
Nadel wird durch zwei Motoren angetrieben, die einmal den Vorschub der Nadel und zum Zweiten
die Drehung der Nadel bewerkstelligen. Die dafür erforderliche elektrische Leistungsaufnahme (für
Vorschub und Drehung) wird jeweils gemessen und gespeichert.
Die erhaltenen Werte können über eine spezielle Software ausgelesen und grafisch anschaulich dargestellt werden. Die Leistungsaufnahme der Motoren korreliert mit der Festigkeit des durchbohrten Holzes. So lassen sich Fehlstellen im Holz, seien es Risse, Hohlräume oder ein Befall holzzerstörender Pilze und Insekten ermitteln und bildlich darstellen. Der Bohrwiderstand wird mit zunehmender Bohrtiefe auch durch die sog. Schaftreibung aufgrund eingeklemmter Holzspäne beeinflusst (bei Hartholz mehr als bei Weichholz). Der Vorteil der zusätzlichen Registrierung der Vorschubkraft liegt darin, dass diese von der Schaftreibung kaum beeinflusst wird und so eine direkte Information über Bereiche mit reduzierter Festigkeit erhalten wird. Die Bohrwiderstandsmessung wird sowohl für die Baumkontrolle als auch zur Überprüfung eingebauter Hölzer eingesetzt. Für statische Bewertungen erhält man eine Abschätzung, welcher Anteil des Querschnitts eines Holzes (oder eines Baums) die übliche Festigkeit besitzt bzw. geschädigt ist.
Beschreibung von Messbeispielen
Nachfolgend werden exemplarisch verschiedene Messkurven dargestellt und beschrieben (Quelle für Fotos und Messkurven: Dr. K. Geith). Die braun gefüllten Kurven stellen den Bohrwiderstand, die blau gefüllten Kurven die Vorschubkraft dar. Auf der x-Achse ist die Bohrtiefe in cm, auf der y-Achse die Amplitude von Bohrwiderstand und Vorschubkraft dargestellt. Die Diagramme sind von rechts nach links zu lesen, da der Nadeleintritt bei 0 cm Bohrtiefe erfolgt. In Grafik 1 ist das Diagramm für ein Holz mit durchgehend üblicher, nicht beeinträchtigter Festigkeit wiedergegeben. Die zahlreichen, schmalen Peaks ergeben sich aufgrund der natürlichen Festigkeitsunterschiede zwischen weniger dichtem Früh- und dichterem Spätholz innerhalb eines Jahrrings. Die Kombination von einem Peak mit einem „Tal“ stellt somit einen Jahrring dar. Im Bereich zwischen etwa 7,5 cm und 10 cm Bohrtiefe sind die Jahrringe breiter. Hier wurden wahrscheinlich Jahrringe des juvenilen, marknahen Holzes angebohrt.
Grafik 1
Bohrwiderstandskurve eines, über den gesamten Querschnitt intakten Holzes. Spät- und Frühholz der Jahrringe ist gut an den schmalen Peaks und „Tälern“ zu erkennen. Ähnliche Verhältnisse sind in Grafik 2 dargestellt. Hierbei handelt es sich ebenfalls um ein intaktes Holz, bei dem sehr wahrscheinlich zufällig die in der Mitte befindliche Markröhre, welche natürlicherweise eine deutlich geringere Festigkeit besitzt, getroffen.
Grafik 2
Bohrwiderstandskurve eines intakten Holzes. Sehr wahrscheinlich wurde die Markröhre, welche natürlicherweise eine deutlich reduzierte Festigkeit besitzt, getroffen.
Grafik 3 zeigt das Ergebnis einer Bohrung an einem Holz mit Hausbockbefall. Dieses holzzerstörende Insekt befrisst nur das Splintholz von Nadelhölzern. Die maximal mögliche Schädigung und Beeinträchtigung der Tragfähigkeit der vom Hausbock befallenen Hölzer hängt im Wesentlichen von deren Splintholzanteil ab. Dieser kann sehr unterschiedlich und für jedes Holz individuell ausgeprägt sein, je nachdem ob ein Holz z.B. aus dem Gipfelbereich eines Baums mit einem hohen Splintholzanteil oder eher aus dem bodennahen Bereich des Stamms mit einem hohen Kern- bzw. Reifholzanteil herausgeschnitten wurde. Bei dem durch Grafik 3 dargestellten Messergebnis zeigt sich, dass der Befall nur in den oberflächennahen Bereichen des untersuchten Holzes vorliegt. Dagegen weisen Bild 1 und Grafik 4 einen massiv durch Hausbockbefall geschädigten Balken aus.
Grafik 3
Bohrwiderstandskurve eines beiderseits im oberflächennahen Bereich durch Hausbockbefall geschädigten
Holzes.
Bild 1
Beispiel für ein stark durch Hausbockbefall geschädigten Balken.
Grafik 4
Bohrwiderstandskurve eines durch Hausbockbefall massiv geschädigten Balkens.
Immer wieder erscheinen Hölzer bei der augenscheinlichen Begutachtung äußerlich gesund (Bild 2), während in ihrem Inneren eine massive Schädigung durch eine sog. Innenfäule vorliegt (Grafik 5). Diese werden häufig durch Pilze aus der Gruppe der Blättlinge (Gattung Gloeophyllum) verursacht. Da diese Pilze sehr tolerant gegenüber wechselnden Temperaturen und Feuchtegehalten sind, werden z.B. Spielplatzgeräte, Carports, Wintergärten, Fenster oder auch Maibäume befallen (Bild 3 und Grafik 6).
Bild 2
Beispiel für einen äußerlich intakt erscheinenden Balken, der jedoch eine massive Schädigung durch
eine Innenfäule aufweist (siehe Grafik 5).
Grafik 5
Typische Bohrwiderstandskurve eines Holzes mit Innenfäule (Bild 2).
Bild 3
Beispiel für einen, von einem Blättling befallenen Maibaum. Der Großteil des Querschnitts des Holzes ist geschädigt (Grafik 6).
Grafik 6
Auswertung einer Bohrwiderstandsmessung im bodennahen Bereich eines Maibaums (Bild 3). Es liegt eine reduzierte Festigkeit über den Großteil des Holzquerschnitts vor.
Eine noch deutlichere Schädigung eines Balkens ist durch Bild 4 und Grafik 7 dargestellt. Hier ist nur noch der oberflächennahe Bereich auf einer Seite des Holzes intakt, der Rest des Querschnitts ist vollkommen zerstört. Hier lag ein Befall durch den Ausgebreiteten Hausporlings vor (Donkioporia expansa).
Bild 4
Bohrwiderstandsmessung (Pfeil) an einer Stuhlsäule. Ergebnis der Messung siehe Grafik 7.
Grafik 7
Auf einer Sichtseite augenscheinlich intakt erscheinendes Holz, das ab ca. 3 cm Tiefe vollkommen zerstört ist.
Eine weitere Aufgabenstellung sei durch die Grafiken 8 und 9 gezeigt. Hier sollten die Verzapfungen von Sparrenfüßen des Dachtragwerks eines Kirchturms mittels Bohrwiderstandsmessungen überprüft werden. Grafik 8 stellt die Auswertung einer Bohrung an einer intakten Verzapfung dar. Gut zu erkennen sind der Zapfen (Bohrtiefe 6,8 cm bis 11,4 cm) sowie die Hohlräume zwischen dem Zapfen und dem angrenzenden Holz. Bei der durch Grafik 9 wiedergegebenen Bohrung zeigt sich dagegen eine deutlich reduzierte Festigkeit des Zapfens, hervorgerufen durch einen Befall eines holzzerstörenden Pilzes.
Grafik 8 Bohrwiderstandsmessung an der Verzapfung eines Sparrens ohne Hinweise auf Schäden.
Grafik 9
Bohrwiderstandsmessung an der Verzapfung eines Sparrens mit signifikant reduzierter Festigkeit des Zapfens.
Mögliche Probleme bei Messungen
Die Messergebnisse müssen nicht immer vollständig reproduzierbar sein. Bohrnadelschärfe und Bohrgeschwindigkeit können zu unterschiedlichen Messkurven führen. Kleinräumige Holzanomalien, wie z.B. Äste, können die Bohrnadel ablenken und so die Messkurven beeinflussen.
Zusammenfassung
Die Bohrwiderstandsmessung stellt eine nur wenig zerstörend in die Bausubstanz eingreifende Methode zur Überprüfung der Festigkeit von Hölzern dar. Unter Berücksichtigung der Holzanatomie können für nicht oder nicht ausreichend einsehbare bzw. zugängliche Bereiche Informationen über Risse, Hohlräume und sonstige Defekte sowie über den Schädigungsgrad bei einem Befall durch holzzerstörende Organismen und damit für die Tragfähigkeit von Hölzern erhalten werden. Auch für die Baumkontrolle kann das Verfahren erfolgreich eingesetzt werden.
Angaben zum Verfasser des Artikels
Dr. rer. nat. Dipl.-Chem. Klaus Geith
www.svb-geith.de
Telefon: 08458/6719
E-Mail: dr.geith@web.de